Schreibung des Qurâns mit nichtarabischen Buchstaben

15-11-2020 | IslamWeb

Frage:

Es gibt Qurân-Ausgaben, die mit nichtarabischen Buchstaben geschrieben werden, so wie z. B. im Englischen. Darf man einem Nichtmuslim ein Exemplar davon geben? Darf man so eine Ausgabe (ohne Wudű) berühren? Gilt für eine solche Ausgabe das Gleiche wie für einen normalen Mushaf (Qurân-Ausgabe im Original)?

Antwort:

Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!

 

Die Schreibung des Qurâns mit anderen als den arabischen Buchstaben ist nicht zulässig. Die Gelehrten der vier großen Schulen sind sich einig, dass die ursprüngliche Schreibung nach der Ausgabe des Kalifen Uthmân bewahrt werden müsse. Imâm Mâlik (Allâh erbarme sich seiner) wurde befragt, ob der Mushaf mit neuen Zeichen geschrieben werden dürfe, wie sie damals verwendet wurden. Er antwortete darauf, dass dies nicht erlaubt sei und die ursprüngliche Schreibung bewahrt werden müsse. Einige Gelehrte der Qurân-Lesearten führten diese Ansicht auf Malik zurück, weil er in dieser Angelegenheit befragt wurde. Es ist auch die Aussage der Imâme der vier Schulen. Imâm Ibn Hadschar Al-Haitamî überlieferte dies in seiner Fatwâ-Sammlung. Er selbst war der Auffassung, dass die Schreibung des Qurâns mit nichtarabischen Buchstaben verboten (harâm) sei, selbst für Lernzwecke. Er (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Da es, wie man sieht, einen Konsens darüber gibt, dass die von den Menschen eingeführten Neuerungen in der Schreibung nicht zulässig sind, auch wenn die Aussprache die gleiche ist (wie zum Beispiel das Wort Ar-Ribâ mit Alif; obwohl es ursprünglich mit Waw geschrieben wurde – Anm. d. Übers.), so hat man daraus zu folgern, dass es erst recht unzulässig ist, völlig andere Buchstaben zu verwenden.“ Die Behauptung, dass eine Schreibung in einem nichtarabischen Alphabet das Lernen erleichtere, ist falsch und widerspricht der Realität und der Erfahrung. Diesem Argument darf daher keine Beachtung geschenkt werden. Zweifellos würde es zu einer Verfälschung und Veränderung des Qurâns führen, wenn man die Schreibung des Qurâns mit anderen Buchstaben zulassen würde.“

 

Az-Zarqânî schreibt in dem hervorragenden Werk „Manâhil al-Irfân“ (Bd. 2, S. 96): „Zu beachten sind folgende wichtige Punkte: Erstens haben unsere Gelehrten die Schreibung des Qurâns mit nichtarabischen Buchstaben untersagt. Daher müssen bei einer Übersetzung des Qurâns in eine andere Sprache die Originalverse mit arabischen Buchstaben geschrieben werden, damit keine Verfälschung des Wortlauts und in der Folge eine Veränderung und Entstellung der Bedeutung eintreten kann. Die Fatwâ-Kommission der Al-Azhar wurde nach der Schreibung des Qurâns mit lateinischen Buchstaben befragt und ihre Antwort lautete nach dem einleitenden Lob Allâhs und den Segenswünschen auf seinen Gesandten: ‚Es ist bekannt, dass im lateinischen Alphabet einige Buchstaben fehlen, die den arabischen Lauten entsprechen. Sie können nicht die Gesamtheit der Laute darstellen, die im Arabischen vorkommen. Wenn der edle Qurân damit entsprechend dem arabischen Text geschrieben wird (so wie es aus der Frage hervorgeht), so würde das Lautbild verändert werden und in der Folge eine Entstellung der Bedeutung eintreten. Die Texte der Scharîa legen fest, dass der edle Qurân vor allem geschützt werden muss, das zu einer Veränderung und Verdrehung führen könnte. Die früheren und späteren Gelehrten des Islâms sind sich einig, dass jeder Eingriff in den Qurân, der zu der besagten Veränderung in Wort und Bedeutung führen könnte, aufs Schärfste untersagt und eindeutig harâm ist. Die Prophetengefährten (möge Allâh mit ihnen zufrieden sein) und ihre Nachfolger sind bis heute stets der Schreibung des Qurâns mit arabischen Buchstaben treu geblieben.‘“

 

Schaich Muhammad Raschîd Ridâ schreibt in seinem Qurân-Kommentar „Al-Manâr“: „Wenn das nichtarabische Alphabet, mit dem man den Qurân schreiben will, nicht für die Darstellung der arabischen Laute ausreicht, wie es bei den Buchstaben im Englischen der Fall ist, so ist eine solche Beschreibung des Qurâns zweifellos verboten, da es zu einer Verfälschung des Inhalts führt. Wer so etwas befürwortet, hat den Islâm abgelehnt und damit Kufr begangen. Wenn ein Nichtaraber den Islâm annimmt und er die Aussprache bestimmter Wörter nicht zustande bringt und zum Beispiel Muhammad mit einem falschen H-Laut (wie in den europäischen Sprachen; Anm. d. Übers.) und Châtam An-Nabiyyîn („das Siegel der Propheten“) als „Kâtam“ artikuliert, so muss er sich bemühen, sich die richtige Aussprache anzutrainieren. Wenn man ihm Beispiele für solche Wörter mit den Buchstaben seiner Sprache aufschreibt, so wird er sie genauso falsch aussprechen, wie es ihm gewohnt erscheint und niemals die richtige Aussprache beherrschen. Wenn die Muslime dies den Byzantinern, Persern, Kopten, Berbern, Franken und anderen Völkern, die (in der Frühzeit) zum Islâm kamen, erlaubt hätten, mit der Begründung, dass die korrekte Aussprache für sie zu schwer wäre, so hätten wir heutzutage viele verschiedene Ausgaben des Qurâns und die unterschiedlichen Völker würden jeweils den Qurân der anderen nicht verstehen.“

 

Aus diesem Zitat geht hervor, dass die Schreibung des Qurâns mit nichtarabischen Buchstaben verboten ist, auch wenn diese Sprache die Laute des Arabischen enthält. Dies ist so, weil der Qurân seit seiner Herabsendung und Sammlung in der Zeit von Abű Bakr und Uthmân (möge Allâh mit beiden zufrieden sein) mit arabischen Buchstaben geschrieben wird und die Nachfolgegeneration (Tâbi‘űn) und alle weiteren Generationen bis in unsere Zeit sich hierin einig sind. Obwohl es damals nichtarabische Muslime gab, war es notwendig, sich daran zu halten und dem Vorbild der Zeit des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken), seiner Nachfolger und der übrigen Prophetengefährten (möge Allâh mit ihnen zufrieden sein) zu folgen. Dieser Konsens der islâmischen Gemeinschaft muss bewahrt werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zu einer Entstellung des Qurâns über die Zeit kommen könnte, wenn man hier nachlässig wäre, so wie dies mit den früheren herabgesandten göttlichen Schriften passiert ist. Dies muss verhindert werden, damit die Grundlage des Islâms bewahrt wird und möglichem Unheil und Verfälschung Einhalt geboten wird.

 

Dies haben zusätzlich zu den oben genannten Gelehrten auch andere deutlich verkündet, z. B. Schaich Abdulazîz ibn Bâz, Schaich Abdurrazzâq Afîfî und eine Kommission von Gelehrten, die diesen Punkt eigens untersucht haben. Durch diese Bestimmung werden die vorhandenen Exemplare, die den Qurân mit lateinischen Buchstaben schreiben, nicht als Qurân betrachtet. Der Qurân besteht aus einer bestimmten sprachlichen Form zusammen mit der Bedeutung; nicht aus der Bedeutung allein ohne diese spezifische Form. Dies gilt besonders, da der Wortlaut des Qurâns zu den Eigenschaften gehört, mit denen der Qurân herabgesandt wurde. Daher sind die Unnachahmlichkeit und andere Eigenschaften nicht von der äußeren Form des Wortlauts zu trennen.

 

Und Allâh weiß es am besten!

 

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