Die Zeit des Morgengebets

16-6-2021 | IslamWeb

Frage:

Wir leben in Ländern, in denen Adhân und Iqâma für das Morgengebet gerufen werden, während der Himmel noch dunkel und die Sterne sichtbar sind, weil sich die Menschen auf astronomische Berechnungen verlassen. Ist das überhaupt zulässig? Ich habe kürzlich gelernt, dass die Zeit des Morgengebets erst dann beginnt, wenn die „wahre Morgendämmerung“ (Al-Fadschr As-Sâdiq, im Gegensatz zur „trügerischen Morgendämmerung“: Al-Fadschr As-Kâdhib, die kurz davor kommt, aber wieder vergeht; AdÜ) eintritt. Zu dieser Zeit ist eine geringe Morgenröte im Osten sichtbar. Soll ich die Gebete, die ich in der falschen Zeit verrichtet habe, nachholen, weil dies vor dem Eintreten der Morgenröte war?

Antwort:

Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!

 

Das Eintreten der Gebetszeit ist eine Bedingung für dessen Gültigkeit, denn Allâh der Erhabene sagt: „Das Gebet ist den Gläubigen zu bestimmten Zeiten vorgeschrieben“ (Sûra 4:103). Der Gesandte (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hat die Gebetszeiten so deutlich beschrieben, dass jegliche Unklarheit beseitigt ist. In einem von Abdullâh ibn Amr (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) überlieferten Hadîth wird die Zeit für jedes Gebet erklärt. Die Zeit des Morgengebets wird darin mit dem Beginn des Frühlichts festgelegt. Der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Die Zeit des Morgengebets ist ab dem Eintreten des Frühlichts (Fadschr), bis die Sonne aufgeht“ (Muslim).

 

Nach einer Überlieferung von Dschâbir kam der Engel Dschibrîl ( Frieden sei auf ihm ) zum Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) und sagte ihm: „Stehe auf und verrichte das Gebet. Da verrichtete er das Dhuhr-Gebet als die Sonne den Zenith überschritten hatte. (…) Dann kam er zur Zeit des Fadschr, als das Frühlicht klar sichtbar wurde“ (Ahmad, An-Nasâ’î; sahîh nach Al-Albânî).

 

Mit dem Aufgehen des Frühlichts ist das Eintreten der „wahren Morgendämmerung“ gemeint. Diese erscheint am Horizont und danach tritt nicht noch einmal die Dunkelheit ein (wie bei der „trügerischen Morgendämmerung“ kurz davor; AdÜ). Der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Lasst euch bei eurer Morgenmahlzeit (im Ramadân) nicht durch den Adhân von Bilâl verwirren und auch nicht von dem länglichen weißen Streifen am Horizont. (Sondern esst und trinkt,) bis es (das Licht) sich so und so ausbreitet“ (der Überlieferer machte dazu Handbewegungen; Muslim, überl. von Samura).

 

Ibn Ruschd sagte: „Die Gelehrten stimmen darin überein, dass der Beginn des Morgengebets das Eintreten des Al-Fadschr As-Sâdiq ist. Das Ende ist beim Sonnenaufgang. Eine Ausnahme ist die Überlieferung von Ibn Al-Qâsim von einigen Schâfi’iten, nach denen das Ende mit dem „Isfâr“ (deutliches Licht vor dem Sonnenaufgang) eintritt.“

 

Es kann durchaus sein, dass es beim Beginn des Frühlichts (Fadschr) überall noch dunkel zu sein scheint. In den beiden Sahîh-Werken wird von Âischa (möge Allâh mit ihr zufrieden sein) berichtet, dass sie sagte: „Der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) pflegte das Morgengebet zu verrichten und die Frauen unter den Mu’minûn nahmen daran teil. Sie waren in ihre Gewänder eingehüllt und kehrten in ihre Wohnungen zurück, ohne dass man sie, aufgrund der Dunkelheit (Al-Ghalas), erkennen konnte.“ Al-Ghalas bedeutet Finsternis oder die Vermischung der nächtlichen Finsternis mit dem Morgenlicht.

 

Ausschlaggebend für die Korrektheit des Morgengebets ist, dass die Zeit eingetreten ist. Man muss wissen, dass die Grundlage der Gebetszeiten das Wissen über die astronomischen Gegebenheiten ist. Die Scharîa hat diese zu einem Beleg für den Eintritt der Gebetszeit erklärt.

 

Das Verschieben des Morgengebets bis der Himmel rot geworden ist, wird (von vielen Gelehrten; AdÜ) als makrûh (verpönt) gewertet. An-Nawawî sagte: „Es ist makrûh, das Morgengebet grundlos hinauszuzögern, bis die Röte am Himmel vor dem Sonnenaufgang erscheint.“

 

Zusammengefasst: Die Zeit für das Morgengebet beginnt mit dem Eintreten der „wahren Morgendämmerung“, so wie es oben beschrieben wurde, und nicht mit dem Beginn der Morgenröte. Die Zeit endet mit dem Sonnenaufgang. Daher musst du keines der vergangenen Gebete nachholen, wenn du diese nach dem Eintritt des Frühlichts verrichtet hast.

 

Und Allâh weiß es am besten!

www.islamweb.net